Bauen, sanieren, mieten – kein Plan gegen Wohnungsnot?

Fakten-Box | 28. September 2023

• Bauwirtschaft in der Krise

  

  Mit 14 Vorhaben will die Ampelkoalition den Wohnungsbau ankurbeln. „In Deutschland müssen mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden“, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag zum Krisentreffen der Regierung mit der Baubranche. Das beschlossene Maßnahmenpaket werde „viel verändern und viel möglich machen“, versprach Bauministerin Klara Geywitz (SPD).
  
  Große Wirkung soll unter anderem der Verzicht auf den vereinbarten Energiesparstandard EH40 für Neubauten haben. „EH“ steht für Effizienzhaus. Geywitz hatte dies bereits in der Vergangenheit gefordert, nun ließ sich auch Klimaminister Robert Habeck (Grüne) darauf ein. Er erklärte: „Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes ist sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen. Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH40 einzuführen.“
  
  In dem Beschlusspapier der Bundesregierung heißt es jetzt: „Angesichts der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen in der Bau- und Wohnungswirtschaft durch hohe Zinsen und Baukosten ist die Verankerung von EH40 als verbindlicher gesetzlicher Neubaustandard in dieser Legislaturperiode nicht mehr nötig und wird ausgesetzt.“
  
  EH40 bedeutet: Ein Bedarf von nur 40 Prozent der Energie eines Vergleichsneubaus. Derzeit gilt der Standard EH55 für Neubauten. EH40 sollte laut Koalitionsvertrag ab 2025 den Energiebedarf für Heizen weiter senken und damit auch den Ausstoß von Klimagasen. Doch wären Neubauten damit aufwendiger und teurer geworden.
  
  Hohe Kosten für Energie und Baustoffe haben dazu geführt, das immer weniger neue Wohnbauprojektegestartet werden. Zugleich sind bezahlbare Wohnungen in Metropolen immer schwerer zu finden.
  
  
  Die Bundesregierung hatte bereits das KfW-Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ auf den Weg gebracht, allerdings wurde es bislang kaum genutzt. Um dies zu ändern, wurde nun eine Anhebung der Höchstgrenze beim zu versteuernden Einkommen potenzieller Empfänger beschlossen. Künftig sollen die KfW-Kredite an Haushalte mit bis zu 90.000 Euro Jahreseinkommen gezahlt werden können. Derzeit sind es 60.000 Euro. Der Kredithöchstbetrag soll zudem um 30.000 Euro steigen.
  
  In den kommenden zwei Jahren werde der Bund zudem ein Programm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb sanierungsbedürftiger Häuser auflegen. Gleichzeitig soll der Umbau leerstehender Büros und Läden zu neuen Wohnungen unterstützt werden. Das Potenzial wird hier auf bis zu 235.000 neue Wohneinheiten geschätzt. Das entsprechende KfW-Förderprogramm soll 2024 und 2025 mit insgesamt 480 Millionen Euro ausgestattet werden. Das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds, einem Sondertopf außerhalb des Bundeshaushalts kommen.
  
  Bei Bauvorhaben soll es Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln, die sogenannte Afa, geben. Der „Klimabonus“, der Hauseigentümer beim Tausch alter, fossiler gegen neue, klimafreundliche Heizungen fördert, soll erhöht und auch auf Wohnungsunternehmen und Vermieter ausgeweitet werden.
  
  Die angepeilte sogenannte Wohngemeinnützigkeit soll im kommenden Jahr an den Start gehen. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen erhalten dann Steuervorteile und verpflichten sich dafür, dauerhaft Sozialwohnungen anzubieten. Die Wohnungsgemeinnützigkeit war 1990 abgeschafft worden, ihre Wiedereinführung wird seit Jahren diskutiert.
  
  Der Kanzler bezeichnete das serielle Bauen als Schlüsselinstrument. Damit könnten ohne aufwendige neue Verfahren einmal genehmigte Häuser auch in anderen Landkreisen gebaut werden. Scholz forderte die Länder auf, bei der leichteren Normung von Gebäuden mitzumachen, damit diese nicht immer wieder neu genehmigt werden müssen.
  
  Das Bündnis bezahlbarer Wohnraum ist bereits zum zweiten Mal im Kanzleramt zum „Bündnis-Tag“ zusammengekommen. Die Regierung räumt aber ein, dass das angestrebte Ziel für den Wohnungsbau in diesem Jahr nicht mehr erreichbar ist. Als Gründe werden gestiegene Baukosten, höhere Zinsen und fehlende Fachkräfte genannt.
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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• Reaktionen auf Wohnungsbau-Beschlüsse

  

  Die Bauwirtschaft bewertet die geplanten Maßnahmen für die angeschlagene Branche als Schritt in die richtige Richtung, mahnt aber zur Eile. „Die Bundesregierung hat jetzt wohl endlich erkannt, wie ernst die Lage am Wohnungsmarkt ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Felix Pakleppa. „Es ist entscheidend, dass Bund, Länder und Kommunen, das zeitnah umsetzen. Es ist zeitlich knapp, es muss Druck auf den Kessel.“
  
  Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) erklärte, das Beschlusspapier sei umfangreicher als erwartet und könne eine Perspektive für die Branche sein. „Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Maßnahmen müssen erst greifen, dafür braucht es Zeit, die wir eigentlich nicht haben“, sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. „Viele der Punkte hängen am Wohl und Wehe der Bundesländer, etwa die Beschleunigung der Baugenehmigungen oder die Senkung der Grunderwerbssteuer.“
  
  
  Der Immobilienverband ZIA äußerte sich positiv: „Ein neuer Realismus beim Klimaschutz und klare steuerliche Entlastungssignale zeigen: Die Gespräche der letzten Wochen haben sich gelohnt.“ Der Wohnungswirtschaftsverband GdW, der das Treffen im Kanzleramt boykottiert hatte, sah ebenfalls eine positive Entwicklung. Aber für sozial orientierte Wohnungsunternehmen sei leider nichts herausgekommen. So könnten diese Unternehmen die neuen Abschreibungsmöglichkeiten gar nicht nutzen. Der Verband forderte unter anderem eine Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für bezahlbaren Wohnungsbau und KfW-Darlehen zu einem verbilligten Zinssatz von einem Prozent.
  
  Enttäuscht zeigte sich vor allem der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND): „Das Maßnahmenpaket der Ampel zum Bauen und Wohnen ist keine Weichenstellung in eine sozial gerechtere und ökologischere Zukunft, sondern ein Fiasko“, kritisierte die Geschäftsführerin beim BUND, Antje von Broock. Der Abschied vom Ökostandard sei völlig inakzeptabel. „Mit den Plänen der Ampel schlittern wir weiter der Klimakatastrophe entgegen, und immer mehr Menschen wissen nicht, wie sie ihre nächste Heizkostenrechnung bezahlen sollen.“
  
  Anders als von Branchenverbänden kommt von Gewerkschaftsseite und von Sozialverbänden Kritik an den neuen Vorschlägen der Bundesregierung für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. „Die Bundesregierung verliert kein Wort zu besserem Mieterschutz, gibt keine zusätzlichen Impulse für den sozialen Wohnungsbau und es fehlen verbindliche Zusagen für die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit“, bemängelte Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund.
  
  Auch die Arbeiter Wohlfahrt (AWO) kritisierte, dass die Bundesregierung sich zu sehr auf den Neubau von Wohnungen konzentriere. Das sei „natürlich ein wichtiges Element, um diese Wohnungsnot anzugehen“, erklärte AWO-Präsident Michael Groß. „Doch wir wissen auch, dass für viele Menschen eine Neubauwohnung nicht bezahlbar ist.“
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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• Ökonomen zweifeln an Trendwende

  

  „Fraglich ist, ob das Maßnahmenpaket ausreichen wird, um die absehbare Krise auf dem Wohnungsmarkt noch abzuwenden“, sagt der Ökonom Jens Südekum vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf. „Der Bausektor steht wegen gestiegener Zinsen und Baukosten vor einer Abbruchkante.“
  
  Ähnlich sieht das der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Die Maßnahmen könnten zwar den sich anbahnenden Absturz beim Wohnungsbau etwas abfedern. „In der Summe wird es aber nicht reichen, um eine echte Trendwende beim Wohnungsbau herbeizuführen“, sagte Dullien. Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen werde „trotz der neuen Maßnahmen auch 2024 absehbar nicht erreicht“.
  
  Als Kernstück der 14 beschlossenen Maßnahmen gilt die großzügigere Ausgestaltung der Abschreibungsregeln. So können Wohnbauten künftig degressiv mit sechs statt bislang drei Prozent abgeschrieben werden. „Das wirkt wie eine effektive Senkung der Baukosten“, sagte Südekum, der im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums sitzt. „Aber der Effekt dürfte überschaubar bleiben.“ Schätzungen gingen davon aus, dass die sogenannte „Bau-Afa“ bis 2029 für rund 30.000 zusätzliche Wohnungen sorgen dürfte. „Das reicht hinten und vorne nicht“, sagte der Wirtschaftsforscher.
  
  
  Der effektivere Weg wäre daher, wenn der Staat direkt als Projektentwickler tätig werde und auf die aktuelle Krise mit einer Offensive im sozialen Wohnungsbau antworte. „Nötig wäre das allemal“, sagte Südekum. Im vergangenen Jahr seien gerade einmal 20.000 Sozialwohnungen errichtet worden. „Nötig wäre gut das Fünffache.“ Mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verfüge der Bund über ein schlagkräftiges Instrument. Diese habe nicht nur über 40.000 Wohnungen, sondern auch knapp 90.000 Hektar unbebautes Land. „Sie könnte, auch im Rahmen der Schuldenbremse, direkt loslegen und Wohnungsbauprojekte auf den Weg bringen“, schlägt Südekum vor.
  
  In Deutschland gibt es nach Angaben der Bundesregierung nur noch rund 1,09 Millionen Sozialmietwohnungen. Dieser Stand zum Jahresende 2022 geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die Anfang der Woche veröffentlicht wurde. Den Angaben zufolge ist die Zahl seit Ende der 1980er Jahre stark zurückgegangen. Damals gab es demnach alleine in der früheren Bundesrepublik noch knapp vier Millionen Sozialmietwohnungen. 2010 waren es noch etwa 1,66 Millionen; 2020 nur noch 1,13 Millionen.
  
  Als Grund benennt die Bundesregierung die auslaufende Sozialbindung von Wohnungen. Nach einer Bindungszeit können sozial geförderte Wohnungen nach 15 bis maximal 40 Jahren auf dem freien Markt vermietet oder verkauft werden. Da derzeit mehr Wohnungen aus dieser Frist herausfallen als neue Sozialwohnungen gebaut werden, reduziert sich die Zahl der Sozialmietwohnungen.
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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• Sommerhoch auf dem Bau

  

  Die von gestiegenen Material- und Zinskosten gebeutelte deutsche Baubranche hat im Juli das größte Auftragsplus seit gut anderthalb Jahren eingefahren. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe wuchs inflationsbereinigt (real) um 9,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Einen kräftigeren Zuwachs gab es zuletzt im Dezember 2021.
  
  Wesentlich schlechter fällt die Bilanz für die ersten sieben Monate des Jahres aus: Hier brachen die Aufträge real um 10,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein.
  
  Das Neugeschäft im Tiefbau, wozu beispielsweise der Straßenbau zählt, wuchs diesmal besonders kräftig: Hier legte der Auftragseingang im Juli real um 14,6 Prozent zum Vormonat zu. Dazu trugen mehrere Großaufträge bei, erklärten die Statistiker. Der Hochbau – der vor allem durch den Wohnungsbau geprägt ist – meldete ein Plus von 4,4 Prozent.
  
  Der Umsatz im Bauhauptgewerbe legte im Juli leicht zu. Er erhöhte sich aufgrund der stark gestiegenen Baupreise um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 10,3 Milliarden Euro. Inflationsbereinigt blieb davon allerdings nur ein reales Plus von 0,2 Prozent übrig. Von Januar bis Juli sanken die Umsätze real sogar um 4,5 Prozent gemessen am Vorjahreszeitraum. Dennoch lag die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe im Juli um 1,3 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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• Effizienzhausstandard wird nicht verschärft

  

  Einer der Beschlüsse des Baugipfels Anfang dieser Woche ist der Verzicht auf den Energieeffizienzhausstandard 40 (EH40) für Neubauten. Das bedeutet, ein Bedarf von 40 Prozent der Energie eines Vergleichsneubaus. Derzeit gilt dafür der Standard EH55.
  
  Der neue Energiestandard sollte laut Koalitionsvertrag im Jahr 2025 in Kraft treten. Das Ziel des EH40 war es, den Energiebedarf fürs Heizen und damit auch den Ausstoß von Klimagasen weiter zu senken. Die Baubranche kritisierte dies angesichts der stark gestiegenen Baukosten seit Monaten. Dies hat mit dazu geführt, das immer weniger neue Wohnbauprojekte gestartet werden.
  
  Die Geschichte der Effizienzklassen im Gebäudesektor reicht viele Jahre zurück. Am Anfang stand der Traum von einem nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Dazu wurde zum Beispiel der Energieausweis eingeführt, der Hauseigentümer fortan verpflichtete, ihren Mietern Auskunft über den Energieverbrauch des Mietshauses zu geben. Die Regelung floss ein in die sogenannte Energieeinsparverordnung (EnEV), dem Vorgänger des heutigen Gebäudeenergiegesetzes (GEG).
  
  Mit der Novelle der EnEV 2009 wurden Bauherren verpflichtet, den Energiebedarf ihres neuen Hauses zu einem Teil mit erneuerbaren Energien zu decken. Dafür wurden Höchstwerte für Jahresprimärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust genannt. Die EnEV 2016 verschärfte die energetischen Anforderungen. Es gab Förderungen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für bestimmte Energieeinspar-Niveaus. Die KfW unterschied erstmals in „Effizienzhaus“-Klassen 70, 55, 40 und 40 Plus.
  
  Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verschärfte die Anforderungen nochmals mit einem „Klimaschutz-Sofortprogramm“, das im Juni 2021 im Kabinett beschlossen wurde. Demnach sollten Neubauten ab 2023 den bis dahin höchsten Energieeffizienzstandard EH55 erfüllen. Eine weitere Verschärfung war für 2025 vorgesehen: der EH40.
  Die heutige Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) erklärte, in der Phase niedriger Zinsen seien bei Bund, Länder und Kommunen immer höhere Standards entwickelt worden. „Jetzt müssen alle staatlichen Ebenen verstehen: Wir müssen die Standards senken und die Kosten runternehmen“, so die Bundesbauministerin. Nun wird die Umsetzung von EH55 zu EH40 als verbindlicher Neubaustandard in dieser Legislaturperiode ausgesetzt.
  
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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• Wohnungsnot

  

  In Deutschland suchen Menschen verzweifelt nach bezahlbaren Wohnungen. Die großen Wohnungsunternehmen wie Vonovia und LEG vermelden kaum Leerstände. Wohnraum fehlt vor allem in Ballungsgebieten. Die Preise schossen wegen des geringen Angebots sowohl auf dem Miet- als auch auf dem Kaufmarkt in die Höhe.
  
  Die Regierungskoalition aus SPD, Grüne und FDP hat daher in ihrem Koalitionsvertrag 2021 verabredet: „Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Dafür werden wir die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen.“
  
  Doch dieses Ziel reißt die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt im Dezember 2021. 2022 waren es knapp 300.000 neue Wohnungen, für dieses Jahr geht die Baubranche von 230.000 bis 250.000 Wohnungen aus. Im nächsten Jahr dann von weniger als 200.000. Und die Zahl der Baugenehmigungen ist weiter im Sinkflug.
  
  Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mitteilte, wurde im Juli 2023 der Bau von 21.000 Wohnungen genehmigt – fast ein Drittel weniger als im Vorjahresmonat (31,5%). „Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben“, erklärten die Statistiker den Negativtrend.
  
  Betrachtet man nicht nur den Monat Juli ergibt sich für die ersten sieben Monate dieses Jahres ein Rückgang der Baugenehmigungen um 27,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Genehmigungen für Wohnungen in Zweifamilienhäusern gingen besonders stark zurück (53,2 Prozent). Die Zahl der genehmigten Einfamilienhäuser sank um 36,5 Prozent. Bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern sank die Zahl der Baugenehmigungen im Zeitraum von Januar bis Juli um 27,5 Prozent. Lediglich die Zahl der Wohnungen in Wohnheimen nahm um 10,6 Prozent zu.
  
  „Der freie Fall bei den Wohnungsbaugenehmigungen geht ungebremst weiter“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, mit Blick auf die aktuellen Zahlen. „Der zehnte aufeinanderfolgende Monat mit einem zweistelligen Genehmigungsrückgang, das ist ein trauriger Rekord.“
  
  Doch nicht nur Mieterinnen und Mieter leiden unter den hohen Wohnkosten, auch die Wirtschaft spürt die Auswirkungen, so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Beschäftigte scheuen den Umzug und offene Stellen blieben unbesetzt, mahnte er.
  
  Immobilienkonzerne haben sich wegen hoher Finanzierungkosten aus Neubauprojekten zurückgezogen. Vonovia hatte vor anderthalb Wochen angekündigt, 60.000 Wohnungen nicht zu bauen. „Wir machen alles fertig bis zum Baurecht und hoffen, dass sich Bauen bald wieder lohnt und rechnet“, erklärte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch.
  
  Ob die jüngsten Beschlüsse des Krisentreffens im Kanzleramt Anfang dieser Woche eine Trendwende bringen, wird von Ökonomen bezweifelt (siehe Faktenbox). Auch Immobilienentwickler und Bauunternehmer Christoph Gröner sieht den 14-Punkte-Plan der Bundesregierung kritisch. „Welche der 14 Maßnahmen kompensiert diese Kostenexplosionen? Keine!“.
  
  Bauingenieurin Lamia Messari-Becker kritisiert die Bürokratisierung, die mit Bauen einhergeht. „Wir brauchen einfaches Bauen als bundesweit genehmigte Bauweise, eine Bauweise, die die geforderten Standards einhält, aber wesentlich unkomplizierter ist,“ schlägt sie vor.
  
  Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet von einer seriellen Bauweise nicht nur eine Kostensenkung, sondern auch eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Bisher ließen es die Landesbauordnungen nicht zu, dass ein Haustyp, der an einer Stelle in Deutschland schon genehmigt und gebaut sei, an einem anderen ohne großen Aufwand auch entstehe. Das sei so, als wenn einzelne Automodelle in jedem Landkreis neu genehmigt werden müssten. „Dafür spricht ehrlicherweise gar nichts“, so Scholz.
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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