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Atomkraft ohne Plan

MAITHINK X vom 25. September 2022 mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim

Erdgas ist knapp, Kohle verursacht zu viel CO2 und erneuerbare Energien haben ein Speicherproblem. Dieses Jahr gehen in Deutschland die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz. Kann Atomkraft unsere Energieprobleme lösen?

Videolänge:
29 min
Datum:
25.09.2022
:
UT
Verfügbarkeit:
Video verfügbar bis 25.09.2027

Atomkraft ohne Plan!

Herzlich Willkommen zu MAITHINK X Folge 14. Laut einer aktuellen Umfrage ist die Mehrheit der  Deutschen, nämlich 78 Prozent, für eine Laufzeit-Verlängerung unserer letzten drei Atomkraftwerke bis zum Sommer 2023: 67 Prozent würden sie gern noch fünf Jahre laufen sehen. Und 41 Prozent sind sogar dafür, ganz neue Atomkraftwerke zu bauen (MTX1).
Diese Zahlen sind für Deutschland erstaunlich, denn historisch betrachtet war unser Verhältnis zu Atomkraft schon immer kompliziert. Warum erklärt hier Dr. Insa Thiele-Eich (MTX2 - MTX11):

MAITHINK X - Die Show - Der Ausstieg vom Ausstieg 

Insa Thiele-Eich beschreibt beim Aufstieg den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland.

Videolänge

Bei unseren französischen Nachbar:innen sieht das anders aus. Hier gilt ja seit jeher: Liberté, Égalité, Kernkraftwerké! Momentan läuft’s allerdings nur so mittel. Über die Hälfte der 56 französischen Atomanlagen sind derzeit außer Betrieb. Viele sind halt einfach auch schon über 40 Jahre alt… Kritiker:innen könnten jetzt sagen: Seht ihr, Atomkraft ist offenbar nicht die Lösung (MTX12).

Doch selbst unter Grünen-Wählenden ist inzwischen eine knappe Mehrheit FÜR eine Verlängerung – wow, Atomkraft spaltet nicht nur Kerne, sondern sogar die Grünen. Aber klar. In der Not frisst der Teufel Fliegen und ein Grünen-Fan seinen Atomkraft-Nein-Danke-Sticker. (MTX13) Die Abhängigkeit von Putin und russischem Gas machts möglich – und die ist ja erst der Anfang. Die ausgefallenen französischen Atomkraftwerke kommen ja dazu – mit Schuld daran sind Klimakrise, Hitze und Trockenheit. Da fällt auch mal eine AKW-Kühlung aus. Und in Deutschland wird den Kohlekraftwerken die Kohle knapp, weil sie bei den niedrigen Flusspegeln nicht via Schiff geliefert werden kann. Wir sind mitten in der Energiekrise! (MTX14) 

Frankreich setzt als Maßnahme weiter auf Atomkraftkurs mit Sanieren und Neubauen. 14 weitere Atomanlagen sollen dazukommen. (MTX15) Die Deutschen sind da vorsichtiger. Die Stromnetzbetreiber haben im Sommer 2022 einen Stresstest durchgeführt, der verschiedene Szenarien für den kommenden Winter und unsere Stromversorgung berechnet. (MTX16) Das Ergebnis: Im schlimmsten Fall – wird’s schlimm. Robert Habecks Winter-Plan:  

“Nach dem Ende der regulären Laufzeit die beiden süddeutschen Atomkraftwerke in eine Art Reserve überführen, sodass sie wieder genutzt werden können, oder weiter genutzt werden können, wenn die Situation es gebietet.” (MTX17) 
Robert Habeck

Also ein Notreserve-Zwischending. Nicht laufen lassen, aber auch nicht abschalten. Das muss weh getan haben, als grüner Minister. Anderen geht der Plan nicht weit genug. Friedrich Merz und Kanzler Olaf Scholz streiten sich zum Beispiel darüber, wer Schuld ist, dass der Ausstieg beschlossen wurde. (MTX18) Zur Erinnerung: Das sind zwei Vertreter von CDU und SPD, also der Parteien, die in den vergangenen 10 Jahren gemeinsam in der Großen Koalition regiert haben. Wie lange die noch streiten, wissen wir nicht, wir wissen nur: Je länger es dauert, desto mehr kotzen die Betreiber der Atomkraftwerke. Die müssten nämlich dringend mal wissen, was Sache ist. Also: “Atomkraft, nein danke” oder “ja bitte”? Höchste Zeit, das endlich mal zu klären. Aber fangen wir erstmal mit den Basics an.

Physikalische Basics der Atomkraft

E14 1 | MAITHINK X - Die Show: Textbeitrag Atomkraft

Das ist ein Atom. Innen der Atomkern, außen die Elektronenhülle. Die sieht jetzt nicht exakt so aus, aber egal – uns interessiert gerade nur der Kern. Deswegen sprechen Fachleute übrigens meist nur von KERNenergie. “ATOMenergie” ist bei manchen verpönt. Der Atomkern besteht aus zwei Arten von Elementarteilchen, aus Protonen und Neutronen.  

E14 2 | MAITHINK X - Die Show: Textbeitrag Atomkraft

Manche Atomkerne sind instabil. Das gilt besonders für sehr große. Sie werfen dann überschüssige Elementarteilchen über Bord oder zerfallen in kleinere Kerne. Dabei wird Energie frei in Form von Wärme und Strahlung. Radioaktivität bedeutet also den Zerfall instabiler Atomkerne unter Abgabe energiereicher Strahlung. Diese Strahlung kann gesundheitsschädlich sein – je nachdem, welcher Strahlenart man wie lange in welchem Abstand ausgesetzt ist. Die Dosis wird in der Einheit Sievert angegeben und wie immer gilt: Die Dosis macht das Gift.

E14 3 | MAITHINK X - Die Show: Textbeitrag Atomkraft

Wenn man eine Banane isst, nimmt man ca. 0,1 Mikrosievert zu sich, bei einem Langstreckenflug setzt man sich rund 0,1 Millisievert aus. Und ab einem Wert von einem Sievert wird es dann schon gefährlicher: Erhält man diese Dosis in kurzer Zeit, treten Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Erbrechen auf. Und je höher der Wert, desto schlimmer: Bei drei Sievert kann es unmittelbar tödlich werden. (MTX19) 

Wenn große, schwere Atomkerne radioaktiv zerfallen, geht das über Zerfallsreihen, in denen die Atomkerne so lange strahlen – also so lange Teilchen von sich werfen – bis sie sich in ein stabiles Zerfallsprodukt umgewandelt haben. Uran zum Beispiel zerfällt über 13 Zwischenstufen zu Blei. (MTX20) Jeder Zerfall hat eine Halbwertszeit, das ist die Zeit, die es braucht, bis die Hälfte der Kerne zerfallen ist. Diese kann sehr unterschiedlich lang sein: Minuten, Tage oder Milliarden Jahre. 

Wenn man diese Zeit nicht hat, kann man Atomkerne aber auch mit Neutronen beschießen, um sie zu spalten. Ok, davon lassen sich nicht alle Atomkerne beeindrucken, das “normale” Uran ist nicht so ohne Weiteres spaltbar. Es gibt aber eine seltenere Uran-Form mit dem Namen Uran-235. Diese Form hat drei Neutronen weniger im Atomkern und ist deutlich einfacher spaltbar. Bei jedem Zerfall werden weitere Neutronen frei, plus Energie und Hitze. Es kommt zu einer Kettenreaktion mit exponentiellem Wachstum, wenn man das unkontrolliert laufen lässt, ist das vom Grundprinzip her eine Atombombe. Wenn man das exponentielle Wachstum aber eindämmt, indem man Neutronen aus dem Verkehr zieht, dann kann man die Reaktion kontrollieren und nutzen. 

Hier kommen wir zu den Atomkraftwerken. Vom Grundprinzip her funktionieren alle Kraftwerke, egal ob Atom, Kohle oder Gas, nach dem klassischen Prinzip einer Dampfmaschine: Man erhitzt Wasser zum Sieden und der entstehende Wasserdampf treibt ein Rad an. In Kraftwerken sind das zwar kein Räder sondern Turbinen, die den Strom erzeugen, aber das Grundprinzip ist immer das Erhitzen von Wasser: Kohlekraftwerke erhitzen Wasser durchs Verbrennen von Kohle, Gaskraftwerke durchs Verbrennen von Gas - und Atomkraftwerke durch das kontrollierte Spalten von Atomkernen. Klarer Vorteil von Kernkraft: Dabei entstehen keine gesundheitsschädlichen Verbrennungsprodukte und kein CO2. Deswegen ist Atomenergie in Gesamtbilanz auch deutlich klimafreundlicher als fossile Energien. (MTX21) Hätten wir in der Vergangenheit mehr auf Kernkraft und weniger auf Kohle gesetzt, hätten wir schon viel CO2 sparen können. Also – wo genau liegt das Problem?

Risiken 

Der Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima ist erst gute 10 Jahre her. Da kam es zu einer Kernschmelze, bei der die Brennstäbe im Kernreaktor so sehr erhitzen, dass sie schmelzen und radioaktives Material in die Umwelt gelangen kann. In einem Krieg wird man natürlich auch schnell nervös, wenn ein Atomkraftwerk unter Beschuss gerät. Und dann der ganze Atommüll, genauer gesagt der hoch radioaktive Atommüll. Der zerfällt zwar mit der Zeit irgendwann in stabile Elemente, nur hat der Abfall teilweise eine Halbwertszeit von über einer Million Jahre. (MTX22) Deswegen sind weltweit alle bisherigen Lager für hochradioaktiven Müll auch nur Zwischenlager. Noch ist man auf der Suche nach mehreren Endlagern, wo der Müll eine verdammte Million Jahre lagern kann, ohne dass was passiert. Und nein, Müll ins All schießen ist keine gute Idee. Man bräuchte allein für die aktuellen Mengen Müll schon hunderte Raketen, was nicht nur viel zu teuer wäre, sondern natürlich auch die gute CO2-Bilanz von Kernkraft komplett zerstören würde. (MTX23) Der Plan ist deshalb, unterirdische Endlager zu bauen. Die Frage ist nur wo. Ja, Atomkraftbefürwortende findet man überall, aber ein Endlager will niemand vor seiner Tür haben. Siehe aktuelle Diskussion rund um ein mögliches Schweizer Endlager nahe der deutschen Grenze. (MTX24) Immerhin hat man nach jahrzehntelanger Suche jetzt mit dem Bau von einem ersten Endlager in Finnland angefangen. (MTX25, MTX26) Die Fachleute sagen, hunderte Meter unten im Fels - das klappt für die nächsten Millionen Jahre. (MTX27) 

Also, Atommüll ist ein großes, langwieriges und weitgehend ungelöstes Problem der Atomkraft. Aber kann man das in der Krise in Kauf nehmen? Anders gefragt: Ist Robert Habecks Notfallplan gut?

Persönliche Mainung: 

“Nein!” Mais Begründung: Der hochradioaktive Müll und das Risiko eines Unfalls, das sind langfristige Probleme – ob die drei Atomkraftwerke jetzt noch paar Monate weiterlaufen oder nicht, macht für das Unfallrisiko oder die Gesamtmüllmenge zumindest keinen bedeutenden Unterschied. Es spricht rational wenig dagegen, die deutschen Atomkraftwerke noch bis zum Ende mit einem sogenannten Streckbetrieb zu laufen zu lassen. Also zumindest alles, was irgendwie an Brennstab noch da ist, abzubrennen und alles an Strom mitzunehmen, was man kriegen kann. Habecks Kompromiss – Atomkraftwerke im Standby zu halten und nur anzuwerfen, wenn sie gebraucht werden – ist aus technischer Sicht nicht so cool. 

“Eine solche Art des Wiederhochfahrens hatten wir schlichtweg noch nicht. Damit gibt es in Deutschland keine Erfahrung. [...] in der Kerntechnik stufen wir Abläufe, mit denen wir keine Erfahrungen haben, erstmal als Risiko ein.” (MTX28)
Uwe Stoll, Chef der GRS

Sagt Uwe Stoll, Chef der GRS, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit in Deutschland. Aber Habeck will ja eh erstmal noch warten: Er will bis Dezember ausharren und schauen, ob in Frankreich wieder mehr Atomkraftwerke laufen und ob die Flüsse wieder mehr Wasser haben. Aber die Anlagenbetreiber haben keine Zeit zu warten, sie brauchen Planungssicherheit – und spontan zu sein bedeutet in der Kerntechnik erstmal eben auch Risiko. (MTX28)

Deswegen Herr Habeck, zu den schwierigen aber wichtigen Aufgaben der Politik gehört nun mal, Zukunftsentscheidungen zu treffen, ohne die Zukunft zu kennen oder erst mal in Ruhe abzuwarten. Sonst ist es irgendwann zu spät. Also liebe Regierung – lasst die Atomkraftwerke halt im Streckbetrieb laufen, oder entscheiden Sie sich dagegen – das einzig Wichtige ist: Bitte entscheiden Sie sich JETZT! Und nicht im Winter hoppla die Hopp. 

Aber schauen wir jetzt mal noch mal weiter in die Zukunft. 41 Prozent der Deutschen wären gerade sogar für einen Neubau von Atomkraftwerken. (MTX1) Wäre so eine Renaissance der Kernkraft denn langfristig gesehen eine gute Idee?

Persönliche Mainung: 

“Nein!” Die Begründung: Laut Scientists for Future ist Atomkraft ,,zu teuer, zu langsam, zu gefährlich, zu blockierend” (MTX29) Gehen wir es mal durch. Erstens:

1. Ist Atomkraft zu teuer? 

Es gibt mehrere Studien, die Erzeugungskosten verschiedener Stromquellen vergleichen. Da gibt es unterschiedliche Zahlen, je nachdem, welche Annahmen getroffen werden. So oder so – Kernkraft gehört immer zu den teuersten Arten der Stromerzeug. (MTX30-MTX33) Im Gegensatz dazu ist Strom aus Windkraft und besonders Photovoltaik in den letzten Jahren um ein Vielfaches billiger geworden – Trend sinkend. Wirtschaftlich könnte sich Atomkraft derzeit jedenfalls nicht durchsetzen, in der Praxis lebt sie von staatlichen Subventionierungen. (MTX33, MTX35) Dabei ist die Stromerzeugung an sich nicht das Teure, sondern der Bau und die anschließende Instandhaltung. Nur ein Beispiel: Das französische Atomkraftwerk in Flamanville sollte eigentlich 2012 ans Netz gehen, also vor 10 Jahren! Jetzt ist es immer noch nicht fertig, hat inzwischen aber statt der geplanten 3,4 Milliarden Euro schon mehr als 19 Milliarden gekostet. Atomkraftwerke sind also die Berliner Flughäfen unter den Kraftwerken. (MTX36, MTX37) Und damit sind wir schon direkt bei dem nächsten Kritikpunkt: 

2. Ist Atomkraft zu langsam? 

Kurz gesagt: Ja. Wollten wir unsere drei Atomkraftwerke nicht nur im Streckbetrieb auslaufen lassen, sondern noch länger normal nutzen, hätte man vor Monaten neue Brennstäbe ordern müssen. Bis die aber da sind, vergeht schätzungsweise ein Jahr. Und wenn wir sogar darüber nachdenken, neue Atomkraftwerke zu bauen, sollten wir vielleicht erstmal nach Frankreich schauen. Selbst Atom-Fan und französischer Präsident Macron sagt, dass es im Schnitt 15 Jahre dauert, ein neues Atomkraftwerk zu bauen. (MTX38) 15 Jahre!!! Würden wir heute anfangen, neue Atomkraftwerke zu bauen, könnten wir sie also erst in der zweiten Jahrhunderthälfte nutzen. Man kann den Bau neuer Atomkraftwerke also durchaus diskutieren, aber eine akute Lösung für die Energiekrise oder das Erreichen unserer 2030-Klimaziele sind sie definitiv nicht. Dafür ist es jetzt einfach zu spät.

3. Ist Atomkraft zu gefährlich? 

Hier muss man zwischen Bildern und ihren Wirkungen und den tatsächlichen Risiken differenzieren. Wir alle haben die Aufnahmen aus Fukushima noch im Kopf. Aber schätzungsweise sterben deutlich mehr Menschen an den Folgen von Braunkohleverbrennung als an den Folgen von Kernkraftunfällen. Aber das ist für uns emotional eben nicht so spürbar: auf Dauer tödliche Umwelt- und Luftverschmutzung fallen eben nicht so auf wie ein großer, verheerender Unfall wie in Fukushima. 

E14 4 | MAITHINK X - Die Show: Textbeitrag Atomkraft

Diese Schätzung spricht sogar von grob zwei Millionen geretteten Leben, wenn man fossile Energie durch Kernenergie ersetzen würde. (MTX39) Die Risiken von Kernenergie sind also ein bisschen wie der Crazy Frog. Der bringt nicht oft ne neue Single raus, aber WENN, dann ist es wirklich ganz schlimm. Die Risiken von Kohle sind da eher wie Last Christmas. Ist nach einmal Hören sicher erträglicher als der Crazy Frog. Aber dafür haben wir hier eine langfristige Dauerbelastung. Immer wieder. JEDES fucking Jahr. Was richtet jetzt langfristig mehr Schaden in der Musik an? Kann man darüber streiten – klar ist nur, es darf nicht beides gleichzeitig passieren. 

Aber eigentlich macht es nicht viel Sinn, Atomkraft und fossile Energien zu vergleichen, denn fossile Energien müssen eh weg, und zwar, wie gesagt, schneller, als Atomkraft sie ersetzen könnte. Die eigentliche Frage ist: was ist der Energiemix der Zukunft: NUR Erneuerbare? Oder Erneuerbare PLUS Kernkraft? Und das bringt uns direkt zum letzten Kritikpunkt:

4. Ist Atomkraft zu blockierend? Damit gemeint ist: Fehlen Geld und Zeit, die wir in den Bau neuer Atomkraftwerke stecken, am Ende bei den Investitionen in Erneuerbare Energien?

Die Expert:innen sind sich da uneinig. Manche finden, dass Atomkraft den Ausbau erneuerbarer Energien blockiert, andere sehen sie als gute Ergänzung, weil wir ja auch in einer grünen Zukunft Energie aus dem Ausland importieren müssen. Atomkraft könnte uns da ein bisschen unabhängiger von anderen Staaten machen. 

Aber langsam, aufwändig und teuer ist sie trotzdem, die Kernkraft. Und das Müllproblem darf man natürlich auch nicht vergessen. Doch all diese Probleme könnte man technologisch lösen. Viele Kernkraftwerke, die wir heute nutzen, wurden schließlich in den 1980ern gebaut und sind – sagen wir mal – optimierbar. Deshalb hier drei spannende Technologien:

Gibt es Alternativen?

1. Transmutation. So nennt sich der Ansatz, Atommüll zu recyceln. Also Müll in Elemente umwandeln, die deutlich kürzere Halbwertszeiten haben UND dabei auch Energie gewinnen. 

2. Modulare Atomkraftwerke. Mini-Atomkraftwerke, die man schneller und günstiger herstellen kann – quasi serienmäßig in der Fabrik. Die kann man dann beliebig zusammenschalten, statt ein großes Kraftwerk zu bauen. Aber: Kleinere Atomkraftwerke laufen auch kürzer und produzieren weniger Energie. Ob man damit also wirklich Zeit und Geld sparen kann, wird sich erst in Zukunft zeigen. In den USA wurde gerade das erste Modul-Atomkraftwerk zugelassen. (MTX40, MTX41)

3. Thorium-Flüssigsalzreaktoren. Im Gegensatz zu den aktuell häufig verwendeten Leichtwasserreaktoren ist hier der Brennstoff bereits flüssig, sodass es keine Kernschmelze geben kann. Außerdem können sie mit Thorium laufen, ein anderes radioaktives Element, das sowieso als Abfall anfällt, wenn für unsere Smartphones Seltenerdmetalle gefördert werden. (MTX42, MTX43)

Diese und weitere Ideen klingen alle cool. Aber sie sind auch nicht neu, trotzdem sind sie Stand heute noch weit von einer Anwendung entfernt. Aus wissenschaftlichen Sicht ist es sicher super spannend daran weiterzuforschen. Aus Milliardärssicht, auch sau spannend da zu investieren. Aber aus einer staatlichen, politischen Sicht, wo man mit begrenzten Ressourcen klug haushalten muss, ist es schon ganz schön riskant so viel zu investieren, wenn man doch mit Prio Eins erstmal in die Energiewende investieren sollte. Deshalb ist es doch besser, JETZT ALLE Energie und Ressourcen in die grüne Energiewende zu setzen, oder?

Fazit: Alles nur Ablenkung

Denn sind wir doch mal ehrlich. Die ganze Aufregung rund um Atomenergie ist doch eigentlich nur eine Ablenkung vom eigentlichen Problem: Nämlich dass unsere Regierung jahrzehntelang die Energiewende komplett verpennt hat. Und es sieht ziemlich so aus, als würde sie die Energiewende gerne noch weiter verpennen, beziehungsweise einfach verstreiten. 

Dafür, wie viel Zeit und Energie in all die Atomkraftdebatten fließt, ist Atomkraft in der aktuellen Energiekrise ein erstaunlich kleiner Teil der Lösung. Wir haben diesen Winter vor allem eine Gaskrise, und Atomstrom kann Gas aus verschiedenen technischen Gründen nur zu einem kleinen Teil ersetzen: laut Schätzungen ein bis höchstens fünf Prozent, je nachdem welche Annahmen man trifft. Also nicht nichts, aber halt auch nicht viel. Auch wenn man das notfalls sicher auch mit anderen Maßnahmen kompensiert kriegen würde. (MTX44, MTX45) 

Also können wir bitte zwei Dinge machen: Erstens, JETZT eine Entscheidung treffen – hop oder top – und zweitens sich in jedem Fall nicht so viel aufregen, denn für das, was sie leistet, schenken wir Atomkraft einen viel zu großen Anteil unserer Aufmerksamkeit. Also ein bisschen wie beim Crazy Frog. 

Quellen der Sendung

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