Als vor 20 Jahren Hugo Chavez die Macht übernahm, wollte er Venezuela zum Vorreiter einer sozialistischen Revolution in ganz Lateinamerika machen. Das Land besitzt die größten bekannten Ölreserven der Welt und unterstützte linke Bewegungen in den Nachbarländern. Doch mit der Verstaatlichung des Ölsektors und dem Rauswurf ausländischer Firmen kam der wirtschaftliche Niedergang. Heute ist das Land faktisch bankrott. Chavez' Nachfolger Nicolas Maduro wurde abgewählt, hält sich aber mithilfe der Armee an der Macht. Fast 5 Millionen Venezolaner sind vor Gewalt und Hunger ins Ausland geflohen.

Auch in Bolivien brodelt es. Der erste indigene Präsident Evo Morales musste auf Druck der Armee sogar ins Exil fliehen. Blutige Proteste hatten sich an seiner Wiederwahl entzündet, die viele Beobachter für manipuliert halten. Ohnehin hätte Morales laut Verfassung gar nicht mehr antreten dürfen. Nun plant er aus Argentinien seine Rückkehr. Auch er hatte durch Verstaatlichungen den Armen mehr Teilhabe verschaffen wollen - am Ende blieben Korruption, Affären und Amtsmissbrauch.

In Argentinien gab es Ende 2019 ebenfalls eine Wahl - und einen friedlichen Machtwechsel. Der konservative Präsident und Unternehmer Mauricio Macri musste nach nur vier Jahren gehen - und hinterlässt eine Inflationsrate von 50% und einen gigantischen Schuldenberg. Auch Rekordkredite des IWF konnten die argentinische Wirtschaft nicht in die Gänge bringen. Die neue linke Regierung will nun viel Geld an die Armen verteilen - und so für Jobs und Wohlstand sorgen. Wie das alles bezahlt werden soll? Unklar.

Seit der erzkonservative Jair Bolsonaro 2018 Brasilien regiert, bewegt er die Gemüter. Im Land drückte er eine dringend benötigte Arbeits- und Rentenreform durch. Wirtschaftlich geht es aufwärts. Doch der Aufschwung kommt nicht überall an. Viele Menschen müssen schlecht bezahlte Jobs im informellen Sektor annehmen. International machte Bolsonaro Schlagzeilen mit der Zerstörung des Regenwalds am Amazonas. Aus dem Hoffnungsträger Bolsonaro ist ein weltweit kritisierter Rüpel geworden.

Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen ist Chile das reichste Land Lateinamerikas - und das stabilste mit den wenigsten Schulden. Chile besitzt große Kupfervorkommen und baut in der Atacama-Wüste das größte Solarwärmekraftwerk der Welt. Dennoch gibt es auch hier blutige Straßenkämpfe und Demonstrationen, die letzten im Januar. Denn im Land gilt noch eine restriktive Verfassung aus der Diktatur von General Pinochet, die der Zivilbevölkerung wenig Mitbestimmungsrechte zugesteht. Bildung und Gesundheitswesen sind weitgehend privatisiert. Nur gutbetuchte Chilenen können sich das leisten: Ein Prozent der Bevölkerung besitzt fast ein Drittel des Reichtums. Die Regierung von Präsident Sebastian Piñera will im April über eine neue Verfassung abstimmen lassen.